Messerstecher Luzern

«Es tut mir sehr leid - aber passiert ist passiert»

Caspar van de Ven, 27. August 2020, 07:06 Uhr
Das Urteil im Fall des Messerangriffs steht noch aus. (Symbolbild)
© Luzerner Zeitung / Pius Amrein
Das Luzerner Kriminalgericht hat sich heute mit einem Messerangriff aus dem Jahr 2017 befasst. Ein Urteil gibt es noch nicht – die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung sehen völlig unterschiedlich auf die folgenschwere Nacht zurück.

Vor drei Jahren eskalierte eine verbale Auseinandersetzung in der Bar Roadhouse in Luzern innert wenigen Minuten in einen blutigen Angriff: Ein angetrunkener Gast stiess einem Türsteher ein Messer in den Unterbauch, weil dieser ihn bat, die Bar zu verlassen. Heute hat sich das Luzerner Kriminalgericht mit den Vorfällen der Septembernacht befasst – und erhielt zwei verschiedene Versionen präsentiert.

Verteidigung: Es war ein ungewolltes Unglück

Der Verteidiger beschreibt seinen Mandanten als Menschen, der bisher ein anständiges und tadelloses Leben führte. An besagtem Abend sei viel Alkohol im Spiel gewesen. Dass der Beschuldigte vom Türsteher mit Pfefferspray angegriffen wurde, habe in ihm Panik und Angst ausgelöst. Der Beschuldigte habe nie die Absicht gehabt, jemanden zu verletzten. Da es bisher keine Vorstrafen gegen den Mann aus dem Kosovo gebe, soll er nur mit einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf Bewährung bestraft werden. Auf einen Landesverweis soll gänzlich verzichtet werden, da er in der Schweiz eine Frau und zwei kleine Kinder habe.

Staatsanwaltschaft: Er war kaltblütig und brutal

Ganz anders schätzt der zuständige Staatsanwalt die Lage ein. Es sei nur viel Glück zu verdanken, dass der Türsteher mit schweren Verletzungen überlebte. Es hätte wenig gebraucht, und die Folgen hätten tödlich sein können. Auch würden die Aussagen der Beteiligten – immerhin die Freunde des Beschuldigten – ein klares Bild zeigen. Der Beschuldigte sei den ganzen Abend aggressiv gewesen und habe den Türsteher klar provoziert.

Beschuldigter: Es tut mir sehr, sehr leid

Der Beschuldigte selbst, der vor Gericht einen Dolmetscher zur Seite hatte, wirkte gefasst und beantwortete alle Fragen. Es gab Momente, in denen er etwas lauter wurde, doch er wirkte nicht aggressiv. Als er mit dem Messer zustach, sei dies keine Absicht gewesen. Viel mehr habe er dem Türsteher mit dem Messer Angst machen wollen. Er beteuerte immer wieder, dass ihm die Vorfälle sehr leid tun – aber sie seien nun mal passiert. Was auch immer seine Strafe sein werde, er werde diese akzeptieren.

Was bleibt, sind viele Fragen

Ein Urteil hat das Luzerner Kriminalgericht heute noch nicht gefällt. Es muss sich nun viele Fragen stellen, die noch nicht abschliessend geklärt wurden. Hatte der Beschuldigte das Messer nur per Zufall dabei, weil er von einem Familienfest kam, an dem er Käse schneiden musste, wie er selbst sagt? Was passierte mit der Tatwaffe, die laut der Staatsanwaltschaft nie gefunden wurde? Hat er den Türsteher vor dem Angriff mehrmals mit dem Tod bedroht?

Die Staatsanwaltschaft will den Beschuldigten für sieben Jahre ins Gefängnis schicken. Zudem soll er einen Landesverweis von zwölf Jahren erhalten. Für den Verteidiger geht dies zu weit: Neun Monate auf Bewährung und kein Landesverweis sei eine angemessene Strafe. Das Urteil dürfte in den nächsten Tagen bekannt gegeben werden.

Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 26. August 2020 16:01
aktualisiert: 27. August 2020 07:06